CHRIS GELBMANN :: Bio

Als unereignisreich kann man die Vita von Chris Gelbmann wohl kaum bezeichnen. In ihrem Mittelpunkt stand stets das Thema Musik, an das heranzugehen, Chris Gelbmann allerdings eigene, meist recht unkonventionelle Wege fand. Als er nach langen Jahren des intensiven Songwritings, Tourens und Aufnehmens einzig im Verständnis des verwobenen, unlogisch funktionierenden Musikbusiness scheinbar unerklärliche Fragezeichen vorfand, machte er sich daran, sie aufzulösen und sich ihre Spielregeln anzueignen was ihm nach eigentlich recht kurzer Zeit einen der einflussreichsten Backstagejobs in der österreichischen Musikszene einbrachte. Dass Chris Gelbmann bei allem Karrieredenken letztlich aber nie auf seine eigentlichen Wurzeln vergaß, die ja doch eindeutig und immer im kreativen Schaffen lagen, beweist der vorliegende Tonträger „The Pink Beast of Love“ (VÖ: 7.10.2005) gewissermaßen eindrucksvoll. Und dass dieser in einer derart umfassenden, durchdachten, konzipierten aber hauptsächlich doch sehr emotionsgeladenen Form auf die Welt kam, ist wohl das Ergebnis einer weiten, über zahlreiche, aber niemals unnötige Umwege führenden Reise durch das Musikgeschehen im weitesten Sinne, die in dieser Form wohl nur wenige Singer-Songwriter durchlebten.

Wem dieser Zeitrafferquerschnitt durch rund 25 Jahre Musikschaffen nun doch etwas zu schnell ging, der bekommt hier nun die Stationen des Chris Gelbmann etwas chronologischer angeführt. Chris beginnt bereits im zarten Alter von acht Jahren damit, Musik zu machen. Er startet an der Mundharmonika, wechselt mit 12 zur Ukulele und findet schließlich ein Jahr später zur Gitarre, die ihm endlich ermöglicht, seine regelmäßig verfassten Texte zu vertonen und zu notieren. Seinen ersten Gig spielt der Sechzehnjährige 1988 stilecht in einem Heim für schwer erziehbare Mädchen, das dort für erheblichen Aufruhr sorgende Trio gefällt sich unter dem Bandnamen „The Earl Grey“. Jene Formation bespielt in den folgenden vier Jahren regelmäßig diverse, über den Süden Wiens verstreute Locations, macht sich dabei einen Namen und aus Frontman Gelbmann so was wie eine musikalische Integrationsfigur des Mödlinger Umlandes. Als Folge dessen findet sich Chris im Jahr 1991 eines Tages mit der Programmierung und Führung des Jugendclubs „Spiegel“ in Perchtoldsdorf bei Wien betraut und entdeckt auf diese Art sein für Musiker sonst eher untypisches Talent für Tätigkeiten hinter den Kulissen des Musikschaffens. Nichtsdestotrotz bleibt das Hauptaugenmerk aber vorerst auf seiner eigenen Musik. „Earl Grey“ spielt Gig um Gig, Song um Song entsteht und bald sucht der vor Tatendrang sprühende Sänger und Gitarrist nach einem exzessiveren Vehikel um seine immer rockiger werdenden Opus zu vertonen. Per Inserat sucht er nach ambitionierten Mitmusikern und lernt so seinen fortan wichtigsten musikalischen Wegbegleiter Alexander Nefzger kennen; die gemeinsam gegründete Avantgarde-Pop-Formation „Ynis Witrin“ erlebt zunächst einen unheimlich energetischen Aufstieg, zerbricht aber schon zwei Jahre nach ihrer Gründung an diversen, unüberbrückbaren Kurzschlüssen im Spannungsfeld der einzelnen Bandmitglieder. Nach dem auch die Tätigkeit im „Spiegel“ 1994 ein Ende findet, beschließt Chris Gelbmann, sich wieder auf Solopfade zurückzuziehen und in der Syntax seines bewährten Alter Egos ein „e“ durch ein „a“ auszutauschen. Die Earl Gray-Gigs der Jahre 1993-95 blieben den Rezipienten als aufwändig orchestrierte Crossovers von Folk bis Rock mit unzähligen Gastmusikern rund um den charismatischen Frontman in Erinnerung. Als Referenz dieser Schaffensperiode erscheint 1995 auf Bourbon Records / Bellaphon die „Earl Gray“-EP „Love is Easy?“, deren Entstehung Gelbmann vollständig aus eigener Tasche finanziert und in nur drei Wochen Produktionszeit in einem kleinen Wiener Studio einspielt.

Im Zuge der Vermarktung des Produktes stößt der ehrgeizige Singer/Songwriter bald auf seltsame, ihm unerklärliche Barrieren und Hindernisse, die den Anstoß für Gelbmann bedeuten, sich eingehender mit den Hintergründen und den Business Facts einer scheinbar nicht unbedingt nach den Regeln der Marktwirtschaft funktionierenden Branche zu beschäftigen. Nach einer Ausbildung zum Marketingfachmann heuert Gelbmann 1997 bei EMI Austria als Marketing Manager an, leitet das dortige Strategic Marketing Department zwei Jahre lang und wechselt 1999 zu Marktführer Universal Music, wo er in den folgenden Jahren das größte Artist & Repertoire Department eines Major Labels in Österreich formt. Unter Gelbmanns Akquise entstehen in den Jahren 2000 – 2003 unter anderem das Reunion-Album von Papermoon, die zwei höchst erfolgreichen Erstlingswerke des einzigen aktuellen „Austro“-Popstars Christina Stürmer („Freier Fall“ und „Soll das wirklich alles sein?“) sowie das erste Major-Signing des extravaganten, heimischen Ausnahmekünstlers Hans Platzgummer („Convertible“). Das Meisterstück seiner A & R Tätigkeit sollte allerdings das aufwändige Drei-CD-Kompendium „Ruf & Echo“ von André Heller, den Gelbmann in vollständiger Eigenregie erst dazu überreden muss, überhaupt wieder Musik zu machen, werden. Das Monumental-Opus, das der Multimedia-Künstler Heller mit einer Vielzahl honoriger Mitmusiker (Thomas D., Xavier Naidoo, Edo Zanki, The Walkabouts, Brian Eno, etc ...) am Gardasee aufnimmt, ist wohl das außergewöhnlichste und finanziell riskanteste Werk, das die österreichische Musikindustrie in den letzten zehn Jahren hervorbrachte und hat trotzdem Erfolg, sowohl in image- als auch in verkaufstechnischer Hinsicht. Gleichzeitig beschreibt es aber auch den wesentlichsten Wendepunkt in Chris Gelbmanns Businesskarriere, der während der Aufnahmesessions in Gardone einen Bekannten aus früheren Tagen wiedertrifft. Wie kompromisslos der in New York lebende Wiener Ausnahmekünstler Terzi Shogricht – der zum Heller-Kompendium eine hinreißende Version von „Dann bin i ka Liliputaner mehr“ beisteuert - seine Auslegung des Künstlerberufes umsetzt, beeindruckt Gelbmann nachhaltig und erinnert ihn gewissermaßen daran, in dieser Hinsicht ja eigentlich auch noch eine ganze Menge vorzuhaben. Anfang 2004 löst Gelbmann seinen wohldotierten Vertrag mit Universal Music und beendet damit seine Laufbahn in der Major-Tonträgerindustrie.

Das Jahr 2004 bezeichnet schließlich die Rückkehr des Chris Gelbmann vom Regie- in den Aufnahmeraum diverser Tonstudios, auch mit neuen Kommilitonen wie u.a. dem genialen „Söhne Mannheims“-Pianisten Florian Sitzmann an seiner Seite. Anfang 2005 stellt er den melancholisch durchsetzten und musikalisch aussergewöhnlich hochwertig produzierten Tonträger „The Pink Beast Of Love“ fertig, der nun seit Sommer 2005 einem erwartungsvollen Publikum live und in frischer Besetzung - Chris Gelbmann, Karl Sayer (double bass), Gottfried David Gfrerer (national and dobro guitars) und Martin Mader (keyboards) als „Chris Gelbmann and The Pink Beast Of Love“ - präsentiert wird. Als Produzent und Engineer fungiert erwartungsgemäß Alexander „Lexy“ Nefzger, andere Mitstreiter aus nahezu allen Epochen Gelbmann’s künstlerischen Schaffens finden sich ebenfalls ein um ihr musikalisches Statement einem eindrucksvollen Werk beizufügen.

Seinen Namen bezieht das Werk übrigens aus einem Statement des amerikanischen Kult- und Bestsellerautors Tom Robbins zu „The Pink Beast of Love“. Weil Robbins’ Novelle „Still Life With Woodpecker“ haufenweise Inspiration für Gelbmanns Erstlingswerk lieferte, bekam der Schriftsteller eines der ersten Rezessionsexemplare des Tonträgers zu hören und reagierte zur Freude aller Beteiligten prompt mit einem Kommentar zum Gehörten, dem eigentlich nichts mehr hinzuzufügen ist: „Chris Gelbmann dances with the pink beast of Love, falling into ist grasp, then falling out; like a matador with old wounds, flirting with the bull, hypnotizing us with the slow movements of his cape, as he longs finally to become the beast itself.“

Franz Joseph Sauer
Wien, August 2005
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